Wolfgang Cziesla: DER FIRWITZ – 93. Teilabriss
Schriftstellertreffen
„Mario ist in Santiago?“, hörte ich Hans Christoph fragen. Er telefonierte mit Jorge Edwards, dessen Romane ich noch nicht gelesen hatte, den ich aber nach allen Informationen für einen der besten chilenischen Autoren hielt.
Ich hörte, dass sie sich zum Mittagessen verabredeten. „Vielleicht bringe ich einen jungen Schriftsteller mit“, sagte Hans Christoph, „einen Deutschen, der an einem Santiago-Roman arbeitet.“ Das klingelte in meinen Ohren. Beim Mittagessen wurde daraus sogar „der große Santiago-Roman“ und acht Jahre später – ob groß oder nicht – Kaffeetrinken in Cabutima.
Jorge Edwards brachte ebenfalls einen Autor der jüngeren Generation mit, Arturo Fontaine Talavera, den er mit Vargas Llosa bekannt machen wollte.
Vargas Llosa war von London aus so gut wie incognito nach Chile gereist. Eine Veranstaltung an der Uni in Valparaíso, aber er wollte keinen Presserummel. Zwar vermied Vargas Llosa, seit er die Präsidentschaftswahl gegen Fujimori verloren hatte, Besuche in seinem Herkunftsland Peru, aber in ein peruanisches Restaurant ging er nur allzu gern. In London wisse man kein vernünftiges ceviche zu bereiten. Santiago dagegen konnte mit zwei sehr guten Peruanern aufwarten; das eine Restaurant lag im touristischen Kneipenviertel Bellavista, das andere – ein Geheimtipp – am Fuß des Santa Lucía-Hügels im Zentrum. Wir verabredeten uns für den Geheimtipp. Hans Christoph Buch kannte Vargas Llosa von früheren Schriftstellerkongressen und hatte ihn auch interviewt. Beim Essen folgte eine Anekdote auf die nächste. Die beste: Die Geschichte, wie Fidel Castro bei einem Besuch in Chile seinen Amtskollegen Salvador Allende fragte, welcher seiner Offiziere der tüchtigste sei. Dem wolle er seine Pistole schenken. Und Allende daraufhin Castro seinen tüchtigsten Offizier vorstellte: Augusto Pinochet.
[In die Firwitz-Kiste gehört, wie üblich, das Originalfoto (in meinem Besitz, W. Cz.)]
Text von der Website www.wolfgang-cziesla.de